Wissenschaft

Wissenschaft
   in einem weiten Sinn heißt jede mit nachprüfbaren Methoden vorgenommene Beschäftigung mit ”Gegenständen“, die eine bestimmte Zielsetzung verfolgt: Sie sucht nach einem Konsens mit anderen Menschen, die gleiche Fragen haben; sie formuliert ihre Befunde begrifflich klar u. logisch widerspruchsfrei; sie ergründet u. systematisiert die Eigenschaften des Untersuchten, um Strukturen u. Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. In der antiken W. dominierte die Philosophie, da es um die Erkenntnis unveränderlicher, ewiger Prinzipien ging. Die W. der Neuzeit war vordringlich um die Wiederholbarkeit u. Nachprüfbarkeit der Erkenntnisse besorgt; statt mit einfachen geistigen Ideen u. Formen umzugehen, sah sie sich einer vielschichtigen Erfahrungswelt gegenüber. Da die unterschiedlichen empirischen Ebenen unterschiedliche Untersuchungsmethoden erforderten, entstand die Pluralität der Wissenschaften seit dem 17. Jh. Generell gesehen bewährte sich der Ausgang von Hypothesen (griech. = unbewiesene Annahmen), die im Experiment ”bewiesen“ werden mußten. In der Sprache begannen sich die Wissenschaften statt an der Begrifflichkeit der Ideen u. Teilhaben nun an der Mathematik zu orientieren. Das 20. Jh. brachte noch einmal neue Umbrüche im Bereich der Wissenschaften. Bis zur Gegenwart ist die wissenschaftliche Landschaft von einer weitgehenden gegenseitigen Nicht-Anerkennung von Naturwissenschaften u. Geisteswissenschaften gekennzeichnet, wobei die ersteren nicht selten beanspruchen, wegen ihres empirischen Vorgehens allein exakte Wissenschaften zu sein. Erschütterungen dieses Wissenschaftsverständnisses gingen zuerst von der Physik aus (Relativitätstheorie, Atom- u. Astrophysik). Die Annahme, Naturwissenschaft könne von gesicherten Grundlagen u. einem System von Regeln aus fortschreitend ihre Kenntnisse erweitern, ging verloren. In den Geisteswissenschaften wurde die Möglichkeit von W. aus der Struktur der Sprache u. der Konvention über Zeichen zu begründen versucht. Die seit der Antike zu beobachtenden Veränderungen wurden durch das Modell des Paradigmenwechsels erklärt (Paradigma griech. = beispielhaftes Bild): Die Grundvorstellungen (Ausgangsmodelle) jeder W. halten gegenüber Abweichungen von vermeintlich feststehenden Regeln nicht stand, so daß fundamentale Neuorientierungen nötig werden. Außer in den Naturwissenschaften wurde diese Einsicht auch in den kulturgeschichtlichen Untersuchungen der Geisteswissenschaften von Bedeutung (Wandel der Wertvorstellungen, Verzicht auf die Sinnfrage usw.). Die genannten Problematiken betreffen bis heute auch die Theologie, sowohl ”nach außen“ hin in ihrem Geltungsanspruch als W. wie auch in ihrem wissenschaftlichen Selbstverständnis, wobei die einzelnen Disziplinen oder Fächer der Theologie noch einmal in unterschiedlicher Weise als W. zu verstehen u. ausgewiesen sind.

Neues Theologisches Wörterbuch. . 2012.

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  • Wissenschaft — ist die Erweiterung des Wissens durch Forschung, dessen Weitergabe durch Lehre, der gesellschaftliche, historische und institutionelle Rahmen, in dem dies organisiert betrieben wird, sowie die Gesamtheit des so erworbenen Wissens. Forschung ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Wissenschaft — is the German language term for any study or science that involves systematic research and teaching.Phrases employing this term include the following: *Wissenschaft des Judentums, the science of Judaism, a 19th century scholarly movement …   Wikipedia

  • Wissenschaft — [Aufbauwortschatz (Rating 1500 3200)] Auch: • Naturwissenschaft(en) • ...wissenschaft(en) • Naturwissenschaft • Naturwissenschaften Bsp.: • Sie interessiert …   Deutsch Wörterbuch

  • ...wissenschaft(en) — [Aufbauwortschatz (Rating 1500 3200)] Auch: • Wissenschaft • Naturwissenschaft(en) Bsp.: • Sie interessiert sich für Physik und andere Naturwissenschaften. • Er will Sozialwissenschaften studieren …   Deutsch Wörterbuch

  • Wissenschaft — Wissenschaft, bezeichnet im allgemeinen jeden Inbegriff von Kenntnissen od. Erkenntnissen. Da die Gegenstände der Erkenntniß überaus mannigfaltig sind u. alles Wissen entweder von der Erfahrung ausgeht od. auf dieselbe zurückbezogen wird, so… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Wissenschaft — Wissenschaft, zunächst das Wissen selbst als Zustand des Wissenden, sodann der Inbegriff dessen, was man weiß; im engern und eigentlichen Sinne der vollständige Inbegriff gleichartiger, systematisch, also nach durchgreifenden Hauptgedanken,… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Wissenschaft — Wissenschaft, im weitesten Sinn dasselbe was Erkenntniß, im engeren die systematische Zusammenstellung von Erkenntnissen …   Herders Conversations-Lexikon

  • -wissenschaft — gnosie, ...logie …   Das große Fremdwörterbuch

  • Wissenschaft — Sf std. (14. Jh.) Stammwort. Kollektivbildung zu dem Infinitiv mhd. wizzen; zunächst nur als allgemeineres Wort für Wissen gebraucht; die moderne Bedeutung entwickelt sich seit dem 17. Jh.    Ebenso nndl. wetenschap, nschw. vetenskap, vetskap,… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Wissenschaft — 1. All Ding hätt sin Wêtenschap, säd jene lütje Dêren, un har dat Licht mit dem Steert utpustet. (Holst.) – Hagen, 100, 44; Simrock, 11715. Holl.: Het is maar eene weet, zei de boer, en hij blies de kaars met zijn gat uit. (Harrebomée, II, 446a.) …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Wissenschaft — Forschung * * * Wis|sen|schaft [ vɪsn̩ʃaft], die; , en: Wissen hervorbringende forschende Tätigkeit in einem bestimmten Bereich: die Wissenschaft fördern; die Akademie der Wissenschaften. Syn.: ↑ Forschung. Zus.: Altertumswissenschaft,… …   Universal-Lexikon

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